Aktuelles

Startseite / Aktuelles

Zweimal ist eine Wiederholung: Die HvF spielt erneut beim Volleyball-Pokalturnier in der JVA Rosdorf auf.

Wenn Punkte zur Nebensache werden, dann muss der Sport im Mittelpunkt stehen.

„Durch die Schneelast auf dem Dach hatten wir heute Nacht einen Wassereinbruch in der Turnhalle. Wir wissen (noch) nicht, ob wir das Pokalturnier spielen können…“

Nicht gerade die Worte, die man zur Begrüßung hören möchte, wenn man gegen 5 Uhr in der Früh in Braunschweig aufgestanden ist und um 07:15 Uhr nach eineinhalbstündiger Fahrt durch Graupelschauer und Eisregen in Göttingen auf dem verschneiten Parkplatz der JVA Rosdorf ankommt. Aber irgendwie klang es auch ein wenig nach HvF und somit auch ein wenig familiär.

Nachdem sich fünf Schülerinnen und Schüler des Q1 Oberstufensportkurses im Lern- und Bewegungsfeld ‚Rückschlagspiele‘ über drei Monate intensiv auf das jährlich stattfindende Volleyball-Pokalturnier in der JVA Rosdorf vorbereitet hatten, war es am Samstag, den 20.01.2018 endlich wieder so weit, den Ball mit Geschick über das Netz zu schmettern.

Die Justizvollzugsanstalt Rosdorf wurde im Jahre 2007 eröffnet und umfasst derzeit ca. 340 männliche Inhaftierte und Verwahrte aller Altersstufen und Strafmaße. Zur Ausstattung der JVA Rosdorf gehört neben den Zellenunterkünften und Werkstätten ebenfalls ein weitläufiger Außenbereich inklusive Sportplatz mit anliegender Laufbahn sowie eine moderne Sporthalle, sodass ein Volleyballturnier bei den winterlichen Temperaturen Ende Januar überhaupt erst möglich wird.
Da ca. 2/3 aller Gefangenen nach dem Absitzen ihres Strafmaßes zurück in den Lebensalltag entlassen und somit wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden (müssen), versucht die JVA Rosdorf durch die regelmäßige Öffnung der Gefängnistore eine Sensibilisierung des jeweils Anderen und somit auf beiden Seiten der Gefängnismauer zu bewirken.

So wurden wir nach einer gründlichen Durchsuchung am Gefängniseingang sowie mehreren zu durchlaufenden Schleusen und Sicherheitsstufen von einem Mitarbeiter des Sportdienstes in die Turnhalle der JVA Rosdorf geführt, in der zwischen Eimern, Handtüchern und Wischern bereits ein reges Sporttreiben herrschte. Mit von der Partie waren zwei Gefangenen-, eine Bediensteten- sowie zwei Freizeitmannschaften aus dem Göttinger Umland, die im Spielbetrieb ‚Jeder-gegen-Jeden‘ gegeneinander antraten.

Durch den doch eher begrenzten Platz in der Turnhalle sowie aller verschlossenen umliegenden Türen (wir waren ja schließlich nicht bei einem Freizeitturnier) fand das Einlaufen diesmal anders als im Sportunterricht zwischen Bistrotischen, Reinigungsmaschinen und Umkleidekabinen statt. Gestört hat es aber keinen wirklich und so ging es nach einer kurzen Einspielphase für das Team der HvF, das noch nie zuvor im 6:6 auf dem Großfeld gegen ein anderes Team gespielt hatte, gegen die Mannschaft der Bediensteten los, bei dem wir außer ein paar Punktgewinnen leider keinen Sieg oder ein Unentschieden erkämpfen konnten.
Jedoch war bereits im ersten Spiel ein nahezu senkrechter Anstieg der Lern- und Formkurve des Teams zu verzeichnen, sodass das zweite Spiel gegen die Gefangenenmannschaft JVA Rosdorf-II durch verbesserte Absprachen und geschicktes mannschaftstaktisches Verhalten mit einem Unentschieden sowie einem Satzerfolg für das Team der HvF entschieden werden konnte.

In den Pausen zwischen den Spielen konnte sich an der von den Gefangenen gesponserten Essenstheke mit Kuchen, belegten Brötchen, heißen Würstchen sowie Kalt- und Warmgetränken gestärkt und besprochen werden. Hierbei war es ebenfalls möglich, abseits des Spielfeldes mit den anderen Mannschaften inklusive der Gefangenenteams ins Gespräch zu kommen und neben einer Spielanalyse über Erfahrungen und Eindrücke des Gefängnisalltages zu sprechen, was von allen Seiten ausgiebig genutzt wurde. Leider merkt man die Auswirkungen der Flüchtlingskrise auch im Justizvollzug, sodass die Sprachbarriere vertiefenden Unterhaltungen häufiger im Wege stand. Abgeklatscht und angefeuert wurde trotzdem, dafür muss man nicht dieselben Worte benutzen.

Alle weiteren Spiele gegen die Gefangenenteams sowie die Mannschaften aus dem Göttinger Umland gingen trotz großem Kampf und Einsatzwillen leider knapp verloren, was der allgemein guten Stimmung jedoch nichts anhaben konnte.
Im Vorfeld unseres letzten Spieles bekamen wir noch die Möglichkeit, die Außensportanlagen der JVA Rosdorf im Beisein einiger Gefangener sowie eines Bediensteten zu besichtigen, um sich einen besseren Eindruck vom Leben und Sporttreiben hinter Gittern machen zu können.
Gegen 14:30 Uhr stand dann der Sieger (SG Göttingen/Rosdorf) fest. Da das Drucken der Urkunden einige Zeit dauerte, wurden die Teams kurzerhand durchmischt, sodass wir noch einige Sätze im ‚Mixed-Betrieb‘ spielen konnten. Spätestens dann stand fest: Wenn Punkte zur Nebensache werden, dann muss der Sport im Mittelpunkt stehen.
Im Anschluss bekamen wir unter großem Beifall unsere Urkunde für einen tollen 6. Platz überreicht. Von der Bewegung und den vielen neuen Eindrücken etwas müde, aber hochzufrieden machten wir uns im Anschluss auf den Weg durch die Schleusen zurück zum Haupteingang, um nach einem kurzen Abstecher durch die Göttinger Innenstadt die Universität sowie das Institut für Sportwissenschaften zu besuchen, was den ohnehin schon mehr als ereignisreichen Tag gelungen abrundete. Gegen 15 Uhr traten wir die Heimreise gen Braunschweig an, wo wir gegen 16:30 Uhr auf dem Parkplatz der HvF unsere Reise beendeten.

An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich beim Förderverein der HvF sowie beim Projekt ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ bedanken, die bei der Finanzierung eines Kleinbusses sowie den anfallenden Fahrtkosten großzügig halfen, da ohne diese Unterstützung die gesamte Fahrt und das gemeinsame Erleben nicht möglich gewesen wären.

So bleibt uns abschließend nur zu sagen: „Zweimal ist eine Wiederholung. Nächstes Jahr machen wir eine Tradition draus und kommen gerne auch ein 3. Mal wieder!“

Ansprechpartner: Tim Schmidt ( schmidt@hvf-bs.net )

Bildergalerie

Zurück zur Übersicht