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Forschung macht Schule - Professor Dr. Biegel zu Gast in der Klasse 6e

Der renommierte Braunschweiger Professor Dr. Biegel berichtet über Hexenverfolgung im Braunschweiger Land.

Am 31. Mai sowie am 7. Juni bekamen wir, die Klasse 6e, hochrangigen Besuch von Herrn Professor Dr. Biegel. Er ist einer der Väter der Braunschweigischen Landesgeschichte, Direktor des Instituts für Braunschweigische Regionalgeschichte und ehemaliger Direktor des Braunschweigischen Landesmuseums. Seit 54 Jahren lehrt er an der TU Braunschweig Regionalgeschichte. Aus diesem Erfahrungsschatz berichtete er uns über die Hexenverfolgung im Braunschweiger Land zur Zeit der Reformation. Begleitet wurde er dabei von seiner Assistentin Frau Dr. Angela Klein und unserem Lehrer Dr. Christian Mühling.

Am Beginn fragte uns Professor Dr. Biegel, was wir schon alles über Hexen wüssten. Er war ganz begeistert von den zahlreichen Meldungen in unserer Klasse. Viele kannten bereits Märchen und Geschichten über Hexen und Hexerei. Am bekanntesten war wohl das Buch „Die kleine Hexe“, aus dem Frau Dr. Klein immer wieder Passagen vorlas.

Der Professor ergänzte, dass es tatsächlich nie Hexen gab. Wohl aber gab und gibt es Hexenverfolgungen. Die große Zeit der Hexenverfolgung in Europa war die Epoche der „Kleinen Eiszeit“ im 16. und 17. Jahrhundert. Damals wurde das Klima in Europa deutlich kälter. Aus diesem Temperatureinbruch resultierten in Folge Ernteausfälle, Hunger, gefolgt von Krankheiten (wie beispielsweise der Pest). Die daraus hervorgehende Angst vor der Apokalypse (d.h. dem Weltuntergang) ließ Katastrophenszenarien entstehen. Das führte zu der Suche nach Schuldigen. Für Missernten und Krankheiten machte man Hexen und Hexer verantwortlich. So entstand der Hexenglaube. Hexen und Hexer wurden angeklagt mit dem Teufel im Bunde zu sein.

Gründe für die Hexenprozesse waren vor allem Neid und Streit mit Nachbarn oder politischen Gegnern, erläuterte unser Professor. Opfer der Verfolgung waren deshalb nicht nur heilkundige Frauen, sondern auch Männer.

In der zweiten Besuchsstunde ging es dann um die Hexenfolter mit all ihren Grausamkeiten, die uns so manche Gänsehaut bescherten. Zur Veranschaulichung hatte Herr Prof. Dr. Biegel zahlreiche Bilder von Hexenprozessen mitgebracht, die wir uns gemeinsam anschauten.

Um eine Hexe zu einem Geständnis zu bringen, wurde eine sogenannte „Peinliche Befragung“ durchgeführt, bei der die Folterungen von Stufe zu Stufe schlimmer wurden: Als erste Maßnahme gab es die Daumenschraube, bei der die Daumen so lange in einen Schraubstock gepresst wurden, bis die Gelenke brachen. Danach wurde die Prozedur an den Knöcheln, mit der sogenannten Beinschraube, wiederholt. Die nächste Folterstufe bestand darin, auf eine Streckbank gespannt zu werden. Das war eine lange Leiter, auf der man angebunden und mit Hilfe von Rädern in die Länge gezogen wurde bis die Gelenke auskugelten. Eine weitere Foltermethode war der Marterstuhl, ein mit spitzen Nägeln besetzter Stuhl, auf dem die Angeklagten gefesselt wurden. Gestand der Beschuldigte bis hierhin immer noch nicht, wurde auf seiner Haut nach einem Hexenmal gesucht. Als Hexenmale galten Blutschwämmchen, Muttermale oder Leberflecke, die bei dem Stich mit einer Nadel nicht zu bluten begannen.

Zur Überprüfung der Verbindung mit dem Teufel wurden außerdem Wasser- und Feuerproben vollzogen. Bei der Wasserprobe wurde der Angeklagte gefesselt und für längere Zeit ins Wasser getaucht. Hierbei konnte es zum Tod kommen. Bei der Feuerprobe wurde das Opfer mit einem Holzbalken nah über ein Feuer gehalten. Verbrannte er nicht, galt er als Hexer. Man glaubte nur der Teufel könne helfen, Wasser- und Feuerprobe zu überleben. Die Überlebenden wurden dementsprechend verurteilt, die bei den Hexenproben verstorbenen Angeklagten wurden christlich bestattet.

Die Hinrichtung war die letzte Stufe. Hierbei wurde das Opfer entweder zuerst erhängt oder geköpft. In jedem Fall wurden verurteilte Hexen und Hexer aber im Anschluss verbrannt. Das sollte den Bund mit dem Teufel auslöschen.

Als anschauliches Beispiel für unsere Region stellte Herr Prof. Dr. Biegel uns den Hexenprozess gegen eine Frau namens Tempel-Anneke vor. Anne Rodes wurde Tempel-Anneke genannt, da ihr Mann das Gasthaus „Tempelkrug“ in Harxbüttel geführt hatte. Nachdem ihr Mann verstarb, verdiente sie ihr Geld mit der Heilung der Dorfbewohner durch Heilkräuter. Nachdem viele Heilungen erfolgreich waren, erweckte dies das Misstrauen der Dorfbewohner. Am 28.12.1663 wurde die Tempel-Anneke angeklagt. Nach schrecklicher Folter gestand sie mit dem Teufel im Bunde gewesen zu sein. Sie wurde am 30.12.1663 hingerichtet. Wegen ihres Geständnisses gewährte man ihr die Gnade vor der Verbrennung ihres Leichnams geköpft zu werden.

Insgesamt waren es sehr informative Stunden! In der Klasse konnte man während des Vortrages eine Feder fallen hören. Alle waren gespannt dabei. Zum Schluss hatte Herr Professor Biegel noch zahlreiche Buchgeschenke für unsere Bibliothek dabei. Darüber und über seine spannenden Ausführungen haben wir uns sehr gefreut!

Nach den beiden Doppelstunden haben wir den Professor und seine Mitarbeiterin noch zu einem kleinen Umtrunk eingeladen. So hatten alle Gelegenheit sich noch einmal ganz persönlich mit den beiden Wissenschaftlern auszutauschen. Dazu hatten wir unterschiedliche Speisen und Getränke bereitet. Für den Anlass gab es sogar Kindersekt aus echten Sektgläsern wie auf einer echten wissenschaftlichen Tagung. Schließlich kommt ein echter Geschichtsprofessor nicht alle Tage in den Unterricht. Herr Professor Dr. Biegel war so angetan, dass er versprach bald wieder die HvF zu besuchen.

Text: Kristin Broda und Ida Lisa Langmaack

Bilder: Lionel de Mitri und Taha Karaoglan

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AnsprechpartnerIn

Dr. Christian Mühling (MÜHL)
Unterrichtet Geschichte und Französisch
muehling@hvf-bs.net
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