Aktuelles

Startseite / Aktuelles

Grenzerfahrungen in Helmstedt-Marienborn

Die HvF nimmt nach kurzer Coronapause in Jahrgang 10 wieder ihre jährlichen Gedenkstättenfahrten auf. In diesem Jahr ging es zum ehemaligen Grenzübergang Marienborn.

Am 3. und 4. Juli ging unter Leitung von Frau von Samson-Himmelstjerna, Herrn Schlosser, Frau Becker und Herrn Dr. Mühling zur „Gedenkstätte Deutsche Teilung“ am ehemaligen Grenzübergang Marienborn. Hier stellvertretend der Bericht für die Klassen 10c und 10e:

Am 4. Juli besuchten wir die „Gedenkstätte Deutsche Teilung“ in Marienborn. Dort erhielten wir viele, teils schockierende, Einblicke in die Geschichte des ehemaligen Grenzübergangs zwischen DDR und BRD.  Zuerst sammelten wir mit Hilfe eines Zeitstrahls einige generelle Informationen über die Geschichte der zwei deutschen Staaten zwischen 1949 und 1989.

Danach fand eine Führung über das Gelände statt, bei der der Aufbau des Grenzgebietes, der Grenzsicherung und der Ablauf der Grenzkontrollen in Marienborn erläutert wurden. Dabei erfuhren wir viele neue Geschichten, die oftmals erschreckend waren. Zum Beispiel, dass die Identitätskontrolleure die Leute, die die Grenze legal überschreiten wollten, anhand von 15 markanten Punkten am Ohr identifizierten. Dafür erhielten die Grenzbeamten der DDR sogar eine spezielle Ausbildung. Bei der Personenkontrolle mussten sich Leute oft vollständig ausziehen. Die DDR-Zöllner kontrollierten dabei manchmal aus reiner Schikane alle Körperöffnungen der Einreisenden. Viele hatten Angst. Autos wurden zum Teil vollständig zerlegt, um die Einfuhr westlicher Schriften in die DDR oder die Flucht von DDR-Bürgern in die BRD zu verhindern. An der Grenze waren Minen installiert. Grenzsoldaten waren verpflichtet auf Flüchtlinge zu schießen. Sie ließen diese danach häufig bewusst an der Grenze verbluten, bevor Erste Hilfe geleistet wurde. Die Autobahnstrecke von Braunschweig nach Berlin war für uns durch den Besuch zu einem anderen Ort geworden.

Doch das war nicht alles. In einem Zeitzeugengespräch stand uns Herr Merkt, der selbst die Flucht in den Westen versucht hatte, Rede und Antwort. Herr Merkt wurde 1947 in Wernigerode geboren und berichtete über seine Kindheit in der DDR. Seine Eltern waren zunächst selbst Anhänger des kommunistischen Regimes, distanzierten sich aber von der Diktatur, als sie gezwungen wurden, den Kontakt zu ihrer westdeutschen Verwandtschaft abzubrechen. Herrn Merkt wurde daraufhin der Zugang zum Abitur verwehrt. Mit 20 Jahren versuchte er die Flucht, wurde geschnappt und mehrere Monate inhaftiert. Zunächst saß er in Einzelhaft, bevor er zu Lagerarbeit verurteilt wurde. Die Haftbedingungen hätten die Gesundheit von vielen seiner Mitinsassen ruiniert. Er berichtete sehr objektiv und ohne Hass. Er erklärte uns, sein Ziel sei es, dass Jugendliche begriffen, wie wertvoll unsere jetzige Demokratie in Deutschland sei. Sie sei nicht selbstverständlich und wir sollten sie wertschätzen. Mit dieser Botschaft fuhren wir am Nachmittag tief beeindruckt zurück nach Hause.“

Text: Helin Turan und Emma Schroeder (10e)

Bilder: Maksim Petrov (10c)

Bildergalerie

AnsprechpartnerIn

Dr. Christian Mühling (MÜHL)
Unterrichtet Geschichte und Französisch
muehling@hvf-bs.net
Zurück zur Übersicht